Neu-Delhi, Indien
„Es ist großartig, zu dieser Zeit Mormone zu sein.“
Das findet Vivian Richard Fernando, der auf einem burgunderroten
Ledersofa sitzt. Ein Sonntagnachmittag in Indien. Der Gottesdienst
am Morgen ist vorüber. Der 23 Jahre alte Präsident des Zweiges
Pitampura im Distrikt Neu-Delhi hat die Krawatte abgelegt und sich
den Hemdkragen aufgeknöpft.
„Als der Missionspräsident mich bat, das Amt des Zweigpräsidenten
zu übernehmen, habe ich die Berufung angenommen, weil ich weiß:
Wenn der Herr jemanden beruft, gibt er ihm auch die entsprechenden
Fähigkeiten“, erklärt er.
Präsident Fernando hat sich der Kirche im Jahr 2000 angeschlossen
und dann eine Mission in Bangalore erfüllt. Seine Frau Teresa,
FHV-Leiterin des Zweiges, weiß noch genau, wann sie sich bekehrt
hat.
„Ich bin am 24. November 2002 zur Kirche gestoßen“, sagt sie. „Für
mich ist das mein Geburtstag. Mein ganzes Leben hat sich geändert,
seit ich ein Mitglied der Kirche bin. Das Evangelium ist zu mir
gekommen und hat mir große Freude und großen Frieden
gebracht.“
William K. Jackson ist der Präsident der Indien-Mission Neu-Delhi.
Von Beruf Arzt, war er schon überall in Asien und Afrika als
Botschaftsmitarbeiter für den amerikanischen Staat tätig. Von 1990
bis 1993 und nochmals von 2002 bis 2007 waren Präsident Jackson und
seine Frau Ann nach Neu-Delhi delegiert, wobei ihre acht Kinder sie
in unterschiedlicher Besetzung begleiteten.
„1990 gab es bloß einen Zweig in Neu-Delhi, und dessen Angehörige
waren fast ausschließlich Ausländer (keine Einheimischen)“, sagt
er. „Als wir 2002 zurückkehrten, gab es schon zwei Zweige in
Neu-Delhi – und deren Angehörige waren fast ausschließlich Inder
und nur vereinzelt Ausländer. Die Führung bestand fast vollständig
aus Indern, und die Ausländer, die eine Berufung hatten, waren
meist Ratgeber oder standen im Hintergrund.“
Im Laufe des Jahres 2003 wurde Präsident Jackson als
Gebietssiebziger im Gebiet Asien berufen und mit der Schulung der
Mitglieder in Indien, Pakistan und Nepal beauftragt.
2007 mussten Präsident Jackson und seine Familie Indien wegen eines
Botschaftseinsatzes ein letztes Mal vor seiner Pensionierung
verlassen. Am 1. November 2007 entstand die Indien-Mission
Neu-Delhi aus Teilen der Indien-Mission Bangalore und der
Singapur-Mission. Sie deckt den Norden Indiens, Pakistan, Nepal und
Bangladesch ab. Als Präsident Jackson im vergangenen Juli sein Amt
als Missionspräsident antrat, umfasste die Mission Neu-Delhi schon
drei Distrikte mit 19 Zweigen in den vier zugehörigen
Ländern.
„Wir waren ganz aus dem Häuschen“, sagt er. „Wir hatten die
Menschen hier ja schon sehr lieb gewonnen und schätzten die
Pioniere unter den Mitgliedern. Wir hatten mitbekommen, wie sie
sich taufen ließen, auf Mission gingen, zurückkehrten, im Tempel
heirateten und ihre eigene Familie gründeten.
Vier Jahre lang hatte ich mit den jungen Führern in [Nepal,
Pakistan und Indien] schon gearbeitet. Das Großartige ist, dass wir
jetzt zurück sind und vorwiegend noch dieselben Führer da sind –
sie sind nur weitere zwei Jahre gereift.“
Präsident Jackson, dessen persönliche Erfahrungen sich aus
insgesamt acht Jahren in Neu-Delhi über einen Zeitraum von mehr als
zwanzig Jahren zusammensetzen, ist sich bewusst, wie weit die
Kirche schon gekommen ist und was geschehen muss, damit der
Fortschritt weiter anhält.
„Einer angestammten Kultur zu entwachsen, ist manchmal ein
langwieriger und schmerzhafter Vorgang, aber genau das geschieht
hier“, sagt er. „Und nachdem das bei der ersten Generation, den
Pionieren unter den Mitgliedern, gelungen ist, denke ich, die
heranwachsende Generation wird all die Vorteile genießen, die eine
Generation, die in der Kirche mit all ihren Programmen und
Segnungen aufwächst, auch haben sollte. Dazu gehört die Aussicht,
auf Mission zu gehen und im Tempel zu heiraten. …
Die Distrikte sind bestrebt, Pfähle zu werden, damit sie auch alle
Segnungen eines Pfahles haben können, zum Beispiel einen
Patriarchen. Dabei ist unser Ziel aber gar nicht, Pfähle zu
gründen. Dazu kommt es von allein, wenn es so weit ist. Ich glaube,
unser Ziel hier ist unter anderem, dass die Kirche Fuß fasst und
dass das Priestertum gestärkt wird. Wir wollen herausragende Männer
und Familien finden, die sich der Kirche anschließen, und ihnen
helfen. Wir wollen sie lehren und schulen. Wir wollen sie
anspornen, das Melchisedekische Priestertum zu empfangen und zu
lernen, wie man führt und geistlich dient. Dadurch werden wir
starke Distrikte mit einer soliden Grundlage im Priestertum
erhalten, auf die man aufbauen kann.“
Im Zweig Pitampura sind sämtliche erwachsenen Mitglieder Heilige
der Letzten Tage der ersten Stunde – es sind Pioniere der Kirche im
21. Jahrhundert.
Der kleine Emmanuel Fernando ist eines der ersten Kinder, die im
Gebiet der Indien-Mission Neu-Delhi im Bund geboren wurden.
„Wir wollen gute Eltern sein“, sagt Schwester Fernando. „Ich war
immer [traurig], dass meine Eltern keine Mitglieder waren. Als ich
vom Seminar nach Hause kam, fragte mein Vater immer: ,Wozu gehst du
ins Seminar?‘ Und manchmal war er auch ziemlich grob, wenn ich die
heiligen Schriften studierte oder mein Gebet sprach.
Ich wollte schon immer eine Mutter sein und ein Mitglied der Kirche
heiraten, damit wir unsere Kinder [im Evangelium] aufziehen können.
Und das machen wir ja wohl. Wir lesen mit unserem Sohn in den
heiligen Schriften. Er versteht zwar noch nichts, aber das kommt
noch.“
Präsident Fernandos Zweig hat noch keine Evangeliums-Experten
vorzuweisen. Stattdessen gibt es aber Bekehrte mit einem festen
Glauben, einem starken Zeugnis und der Bereitschaft, über das
Evangelium zu sprechen. So gesehen spiegelt der Zweig Pitampura im
Kleinen wider, wie die Kirche an einem Ort gedeihen kann, noch ehe
ganze Generationen Wurzel gefasst haben.
„Wir gehen alle jede Woche mit den [Missionaren] mit“, berichtet
er. „Alle Mitglieder machen ihre Sache wirklich gut. Sie kennen
sich nicht besonders gut aus, aber sie haben ein gutes Gefühl. Sie
alle haben ein Zeugnis vom Evangelium. Und darüber sprechen sie mit
jedem, den sie kennen.
Das Wachstum ist nicht aufzuhalten. Eines Tages gibt es
wahrscheinlich mehrere Missionen in diesem Teil [des
Hauptstadtbezirks] Delhi.“
Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.