BERKELEY, Kalifornien:
Bei der gründlichen Untersuchung eines Buches der Gebote aus dem
Jahr 1833 fällt Camilla Smith auf, dass es ursprünglich John
Whitmer gehörte -- einem der drei Zeugen des Buches Mormon.
„Dieses Buch ist eine Rarität“, weiß sie, „und dass John Whitmer
damit zu tun hatte, macht es noch wertvoller.“
Das Buch der Gebote gehört neben drei Exemplaren der
Originalausgabe des Buches Mormon aus dem Jahr 1830 zum
Bancroft-Archiv der Universität von Kalifornien in Berkeley, und
zwar in die gerade erst angelegte Mormonen-Sammlung.
Als Mitglied des Beraterausschusses des Universitätsarchivs war es
Schwester
Smith aus der Gemeinde Golden Gate im Pfahl San Francisco klar,
dass im Bancroft-Archiv umfangreiches Material zu den Mormonen
existierte -- Bücher, Dokumente und verschiedene Gegenstände, die
noch nie in einem Verzeichnis erfasst worden waren. Auf ihren
Vorschlag hin erklärte sich eine Stiftung, die das Erbe der
Pioniere in Kalifornien wahrt, bereit, die 100 000 Dollar
aufzutreiben, die man für die Einrichtung der Sammlung
braucht.
„Wir sind froh, dass wir so einen Schatz in Kalifornien haben“,
findet Dennis Holland, der Präsident der Stiftung. „Mit dem Geld
werden nun alle Bücher und Gegenstände erfasst, die es im
Bancroft-Archiv gibt. Auch die Sammlung, die Norma Ricketts uns vor
kurzem überlassen hat, kommt hinzu.“
Schwester Ricketts, Verfasserin des Buches „The Mormon Battalion:
U.S. Army of the West, 1846--1848“ sowie mehrerer anderer Bücher
über die Mormonenpioniere, begann 1945, als sie für den
Zeitungsverlag McClatchy in Sacramento arbeitete, Material zu
sammeln.
„Mir wurde bewusst, dass es schon lange vor der Ankunft der
Pioniere in Utah in Kalifornien Mormonen gab“, schrieb Schwester
Ricketts kürzlich. „Auf der Suche nach Informationen suchte ich
Archive in ganz Kalifornien auf, fand aber nichts unter ‚Mormonen’,
sondern nur unter den jeweiligen Namen. Also legte ich für jeden
der 500 Männer, die dem Mormonen-Bataillon angehört hatten, eine
Karteikarte an und überprüfte jeden Namen in jedem Archiv. Es war
erstaunlich, wie viel ich herausfand.“
Theresa Salazar, Kuratorin der Bancroft-Sammlung für den Westen
Amerikas, erklärt: „Wir werden schon bald damit anfangen, die
Ricketts-Sammlung zu erfassen. Auch die Sammlung von Dale Morgan
wollen wir vollständig erfassen. Herr Morgan hat für uns
historische Forschung betrieben und Manuskripte und Fotos
gesammelt, die mit den Mormonen zu tun hatten. Er hatte vor, seine
Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, starb aber leider vor der
Fertigstellung dieses Projekts.“
Das Bancroft-Archiv gehört zu den führenden Forschungsarchiven der
Welt. Es entstand 1860, als Hubert Howe Bancroft, ein Buchhändler
und Verleger aus San Francisco, damit begann, Bücher über
Kalifornien und den Westen Amerikas zu sammeln. Als die Universität
die Sammlung 1906 ankaufte, umfasste sie über 50 000 Bände. Heute
sind darin Millionen Stücke enthalten. Ein anlässlich des 100.
Jubiläums im vorigen Jahr erschienenes neues Buch, „Exploring the
Bancroft Library“, bietet eine Fülle von Informationen über das
Archiv, seine Ziele und die darin enthaltenen Sammlungen.
Im Durchschnitt nutzen etwa 12 500 Forscher jedes Jahr das Archiv.
Schätzungsweise 50 000 Druckerzeugnisse und über 15 000 Schachteln
mit Manuskripten befinden sich dabei im Umlauf.
Elder Lance B. Wickman, der an der Universität in Berkeley studiert
hat und sich sehr für die Geschichte der Kirche interessiert,
zeigte sich hocherfreut, dass es nun eine Mormonen-Sammlung
gibt.
In einer E-Mail schrieb er: „Als Absolvent der Universität, der
sich gerne an so manche Stunde erinnert, die er im Bancroft-Archiv
zugebracht hat, freue ich mich sehr, dass das führende Archiv der
führenden Universität Kaliforniens nun seiner Sammlung historischer
Dokumente über die Heiligen der Letzten Tage einen eigenen Platz
einräumt.“
William B. Ide, der Präsident der Republik Kalifornien, die nicht
lange Bestand hatte, war möglicherweise der erste Mormone in
Kalifornen. Er kam dort 1845 an. Zwischen 1846 und 1851 trafen dann
drei geordnete Gruppen ein: die Seereisenden von der „Brooklyn“,
das Mormonen-Bataillon und die Siedler von San Bernardino. Mormonen
waren auch zugegen, als bei Sutters Mühle Gold gefunden wurde. Sie
wuschen an einer der ergiebigsten Stellen Gold, lange bevor die
ganze Welt herbeiströmte.
Die Bancroft-Sammlung deckt die Geschichte der Mormonen von den
Anfängen bis in die Neuzeit hinein ab, und zwar sowohl innerhalb
als auch außerhalb Kaliforniens. Sie wird das Bancroft-Archiv zu
einem Mekka für Forscher machen -- auch im Internet.
Frau Salazar sieht der leichteren Verfügbarkeit dieser wichtigen
Unterlagen schon erwartungsvoll entgegen. „Mit dem vorhandenen
Geld“, sagt sie, „können wir unsere Mormonen-Sammlung noch
vollständiger erfassen, der Forschergemeinde Suchhilfen im Internet
anbieten und irgendwann auch einige Dokumente dort einstellen. Auf
lange Sicht haben wir auch vor, eine Internetseite einzurichten,
mit der man das ganze umfangreiche Material erschließen kann, das
das Bancroft-Archiv über die Geschichte der Mormonen hat.“ (Siehe
www.bancroft.berkeley.edu.)
Charles Faulhaber, Direktor des Bancroft-Archivs, sagt: „Wenn eine
Sammlung erst einmal angelegt wurde, fangen die Leute nach unserer
Erfahrung auch an, seltene Bücher und Unterlagen aus ihrer Familie
zu spenden. Sie wissen, dass wir ihre Spende schützen und bewahren
und sie der Öffentlichkeit zugänglich machen werden.“
Der Spendenaufruf, den die Stiftung für das Erbe der Pioniere an
Privatleute gerichtet hat, um Geld für die Mormonen-Sammlung zu
bekommen, hat recht gut Anklang gefunden. Erst vor kurzem haben
Karine Greger Dunning und Todd A. Dunning im Gedenken an Karines
Großeltern, Jasper Kenneth Bonham und Helen Ella Painter Bonham aus
Sacramento, einen größeren Betrag gespendet (Kontakt zur Stiftung
bekommen Sie über cphf1@sbcglobal.net).
Elder Robert Pedersen, Leiter des Besucherzentrums am
Oakland-Kalifornien-Tempel, gehört eine Originalausgabe des Buches
Mormon aus dem Jahr 1830, die im Besucherzentrum ausgestellt wird.
Das Buch der Gebote fasziniert ihn. „Das ist wirklich ein Schatz“,
sagt er. „Dieses Buch ist der Vorläufer des Buches Lehre und
Bündnisse.“
William W. Phelps war im Begriff, in Independence (Missouri) 3000
Exemplare des Buches drucken zu lassen, als am 20. Juli 1833 eine
aufgebrachte Menge die Druckerpressse zerstörte und die Druckerei
in Brand setzte. Nur 100 Exemplare erschienen, von denen nur noch
wenige erhalten sind.
Als Elder Pedersen Herrn Faulhaber nach dem Schätzwert des Buches
von Whitmer fragte, erwiderte dieser: „Über unsere Bestände wird
gern spekuliert, aber das hat nichts zu bedeuten. Wir verkaufen
nichts.“
Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.