„Von der Pilotenkanzel zur Kanzel in der Kirche.“
Mit diesem Satz lassen sich die letzten 50 Jahre im Leben von
Präsident Dieter F. Uchtdorf zutreffend umschreiben.
Nachdem er schon als Junge davon geträumt hatte, einmal ein
Flugzeug zu steuern, trat Präsident Uchtdorf 1959 in seiner
deutschen Heimat der Luftwaffe bei. Ein halbes Jahrhundert danach
blickt er auf eine fliegerische Laufbahn zurück, die damit begann,
dass er die deutschen und die amerikanischen Pilotenabzeichen
erwarb. Von 1960 bis 1962 wurde er in der amerikanischen Luftwaffe
ausgebildet. Nachdem er als Jahrgangsbester abschloss, war er sechs
Jahre lang Kampfpilot in der deutschen Luftwaffe. Im Anschluss an
seine militärische Dienstzeit wurde er Pilot bei der Lufthansa.
Zwei Jahre nach seiner Berufung ins Erste Kollegium der Siebziger
ging er 1996 als der für den Flugbetrieb zuständige
stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Chefpilot der Lufthansa
in den Ruhestand. Er war außerdem Vorsitzender des Komitees für den
Flugbetrieb beim internationalen Luftfahrtverband IATA.
Präsident Uchtdorf, Zweiter Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft,
fliegt immer noch gern, aber jetzt zielt er über die Lüfte, die er
einst als Pilot durchquerte, hinaus. Heute hat er den Himmel im
Visier.
In einem Interview mit den Church News äußerte sich Präsident
Uchtdorf über seine Ausbildung als Kampfpilot in Big Spring, Texas,
und im Fliegerhorst Luke in Arizona. Er war das einzige Mitglied
der Kirche unter den neun Deutschen, die bei der U.S. Air Force
ausgebildet wurden.
Auf dem Stützpunkt Big Spring gab es Gottesdienste der Kirche, die
von dem dort stationierten amerikanischen Personal und einigen
Mitgliedern aus der Gegend besucht wurden. Präsident Uchtdorf nahm
aktiv am Leben des Zweiges teil und verbrachte einen guten Teil
seiner freien Zeit damit, ein Gemeindehaus aufzubauen, das nach
zahlreichen Um- und Anbauten noch heute genutzt wird.
Bei den Mitgliedern am Ort war er ein gern gesehener Gast. Voller
Zuneigung erinnert er sich an den Zweigpräsidenten und seine Frau,
Robert und Pat Allen. „Die Familie war noch jung und hatte ein
Häuschen außerhalb des Stützpunkts. Wenn ich gerade nicht im
Gemeindehaus oder mit etwas anderem beschäftigt war, ging ich
vorbei, um guten Tag zu sagen. Ich setzte mich aufs Sofa und fühlte
mich wie zu Hause“, erzählt Präsident Uchtdorf.
„Oft sagten meine deutschen Kollegen: ,Sie haben es leicht. Sie
haben ja hier so etwas wie eine Familie.‘ Und mein ganzes Leben
lang habe ich gehört: ,Sie haben Ihren Glauben, Sie haben Ihre
Kirche.‘“
Nach seiner Versetzung zum Fliegerhorst Luke in Arizona, wo die
Waffenausbildung stattfand, besuchte er die Gemeinde Glendale im
heutigen Pfahl Glendale.
„Der Bischof war sehr nett“, erzählt Präsident Uchtdorf. „In der
kurzen Zeit, die ich dort war, etwa drei Monate, bekam ich eine
Berufung. Ich hatte die 15- und 16-Jährigen zu unterrichten.
Jeden Tag warf ich am Fliegerhorst Luke Bomben ab, feuerte Raketen
ab oder war auf dem Schießstand, doch am Abend fuhr ich mit dem
Auto oft zum Tempel in Mesa mit seiner heiligen Stille. Dort habe
ich mein Endowment empfangen.
In einer Ansprache anlässlich der Weihung des
Oquirrh-Mountain-Utah-Tempels sagte ich, dass ich im Fliegerhorst
Luke zwar kampfbereit gemacht worden sei, die Grundsätze für den
Lebenskampf aber hätte ich im Tempel gelernt. Dort werden sie
gelehrt. Dort wird man für den wahren Kampf bereit gemacht.“
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland heiratete Präsident Uchtdorf
im Dezember 1962 Harriet Reich. Sie haben zwei Kinder und sechs
Enkelkinder.
1975 wurde Präsident Uchtdorf Leiter der Pilotenschule der
Lufthansa in Goodyear, Arizona. Mit seiner Frau kaufte er sich ein
Haus in Glendale, wo beide bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland
1978 lebten.
Bei seiner Berufung als Präsident des Pfahls Frankfurt 1985 riet
Präsident Uchtdorf den Mitgliedern, nach ihrer Pensionierung eine
Mission ins Auge zu fassen.
„Harriet und ich träumten davon, dass wir nach meiner Pensionierung
auf Mission gehen“, erzählt er. „Die Lufthansa bot mir an, mit 55
Jahren in den Ruhestand zu gehen, und darauf richteten wir uns ein.
Als ich dann 53 war, wurde ich als Generalautorität berufen. Unser
Plan war also nicht ganz aufgegangen. Ich arbeitete nach wie vor
den ganzen Tag für die Lufthansa und war gleichzeitig
Vollzeitmitglied im Kollegium der Siebziger. Mit 55 ging ich in den
Ruhestand und bin seitdem weiterhin Generalautorität.
Mein letzter Flug für die Lufthansa war mit einer 747. Harriet saß
bei mir im Cockpit, als ich nach Frankfurt zurückkehrte. Als wir am
Flughafen ankamen, war schon ein Empfangskomitee da, darunter meine
Familie und meine Kinder. Sie hielten ein riesiges Schild hoch, auf
dem stand: ,Auf zu neuen Horizonten!‘
Ich hätte noch bis 60 weiter fliegen können, aber ich wollte in den
Ruhestand gehen, um meiner Berufung besser nachkommen zu können.
Einige haben mich gefragt: ,Fliegen Sie denn dann immer noch?
Behalten Sie wenigstens Ihren Pilotenschein?‘
Ich habe viel darüber nachgedacht, weil ich für mein Leben gern
fliege. Ich hatte den schönsten Beruf, den man sich vorstellen
kann. Ich habe ihn immer als das ,bestbezahlte Hobby‘ bezeichnet,
das es gibt. Aber dann habe ich mir gesagt: ,Nein, dieser Teil
deines Lebens liegt hinter dir. Jetzt beginnt ein neuer Abschnitt,
ein neuer Teil des Lebens.‘ Harriet meinte: ,Ach, das Fliegen wirst
du aber vermissen, wo du so daran hängst.‘“
Bei der Pensionierung aber, so Präsident Uchtdorf, sei der Übergang
„von der Pilotenkanzel zur Kanzel in der Kirche“ ganz einfach
gewesen.
„Ich muss sagen: Dadurch, dass ich vollzeitig diene, habe ich das
Fliegen keine Sekunde vermisst.“
2007 fuhr er mit seiner Frau zu einem Jahrgangstreffen auf dem
Fliegerhorst Luke in Arizona.
„Das war 25 Jahre nach unserem Abschluss“, sagt er. „Die
F-84-Jagdflieger, die wir damals flogen, stehen heute im Museum.
Bei unserem Treffen in Luke sahen wir eine F-16 fliegen. Wir gingen
zur Einsatzzentrale und sprachen mit den Piloten. Es war alles sehr
interessant. Meine Jahrgangskameraden waren mit ihren Frauen da. Es
waren keine Mitglieder der Kirche, und so nahm ich sie mit ins
Besucherzentrum auf dem Tempelgelände in Mesa. Die Missionare waren
so nett, ein paar Präsentationen vorzuführen, und einige Mitglieder
aus der Umgebung sprachen darüber, worum es in der Kirche geht. Sie
haben ihre Sache ausgezeichnet gemacht. Die Gruppe war sehr
beeindruckt.“
Bei seiner Rückkehr nach Salt Lake City musste Präsident Uchtdorf
an „die wunderbaren Männer und Frauen in den Streitkräften“ denken,
die „ihrem Land so großartig dienen“. Dabei kamen ihm auch die
Angehörigen der Utah Air National Guard (Nationalgarde der
Luftwaffe in Utah) in den Sinn. Im Februar dieses Jahres hielt er
bei einer ökumenischen Andacht auf deren Stützpunkt eine Ansprache.
Im Mai kehrte er zu einer Besichtigung des Stützpunkts zurück und
besuchte die Einheit 151st Air Refueling Wing. Er wurde in einem
Tankflugzeug vom Typ KC-135 mitgenommen. Mit dieser Maschine kann
weltweit jedes Flugzeug der amerikanischen Luftwaffe oder Marine
betankt werden.
Die letzte Rückkehr in die Lüfte mit einer Militärmaschine fand im
Juli an Bord einer F-16 am Luftwaffenstützpunkt Hill in Utah statt.
Präsident Uchtdorf war dorthin wegen seiner Verdienste um die
zivile Luftfahrt eingeladen worden, hatte er doch als Chefpilot und
stellvertretender Vorstandsvorsitzender im Rahmen seiner
Zuständigkeit für den weltweiten Flugbetrieb mit vielen kommunalen
Stellen überall in den USA und in der Welt zu tun gehabt.
Zwei Mitarbeiter des Luftwaffenstützpunkts Hill waren besonders
hilfreich: Oberstleutnant T. G. George, der Leiter des
Flugbetriebs, und Oberstleutnant Travis Rex (Rufname: T-Rex), der
Pilot, der Präsident Uchtdorf in der F-16 mitnahm.
Präsident Uchtdorf fand den Flug sehr spannend. „T-Rex hat mir fast
alles gezeigt, was Piloten heutzutage so machen. Es hat mich an
meine großen Taten von damals erinnert, und ich hatte Gelegenheit,
mir einmal anzuschauen, was heute in diesen tollen Flugzeugen
möglich ist.“
Vor dem Flug wurde Präsident Uchtdorfs körperliche Fitness in einer
Zentrifuge, in der Piloten bis zu 9 g ausgesetzt werden, getestet.
Dazu sagt er: „T-Rex blieb leicht unter 6 g. Ich bin mit all den
Zentrifugalkräften besser zurechtgekommen, als ich dachte, aber ich
habe schon gemerkt, dass das etwas für junge Leute ist, die etwas
aushalten.
Der Flug hat mir große Freude bereitet, es war faszinierend. Ich
sehe eine Art Abschluss meiner gesamten fliegerischen Laufbahn
darin, dass ich in einer solchen Hochleistungsmaschine mitfliegen
durfte, mit Piloten, die Höchstleistungen bringen und die für ihre
Wertvorstellungen wirklich kämpfen – für ihr Land, für die
Freiheit, für ihre Mission.“
Präsident Uchtdorf findet die Flüge, die er in den vergangenen
Monaten mit der Utah Air National Guard und am Luftwaffenstützpunkt
Hill unternehmen durfte, spannend und eindrucksvoll, aber was ihm
vor allem im Gedächtnis bleiben wird, ist der Kontakt mit Männern
und Frauen, die ihrem Land mit großem Einsatz und Begeisterung
dienen. „Ihnen gilt meine allergrößte Bewunderung und mein
Respekt.“
© 2009 Deseret News Publishing Company
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