Virtuelle Führungen zur Geschichte der Kirche erwecken „Geschichte zum Leben“, so Sybille Ravn-Winch. Anfang des letzten Jahres war sie gebeten worden, während einer solchen Führung durch den heiligen Hain für Mitglieder ihrer Gemeinde in Deutschland zu dolmetschen. Zwar werden für die meisten historischen Stätten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage virtuelle Führungen auf Englisch und in einigen anderen Sprachen angeboten, örtliche Übersetzer eröffnen jedoch den Mitgliedern und Freunden der Kirche in aller Welt die Möglichkeit, historische Stätten der Kirche zu erleben, die sie nicht persönlich besichtigen können.
Der heilige Hain befindet sich in Palmyra im US-Bundesstaat New York. Diese Stätte ist für die Heiligen der Letzten Tage von großer Bedeutung, da Gottvater und sein Sohn Jesus Christus dort 1820 dem jungen Joseph Smith Jr. erschienen sind und damit begonnen haben, die Kirche Jesu Christi auf der Welt wiederherzustellen.
„Als wir entlang dieser Wege geführt wurden, lag dort noch Schnee. Wir erhielten ein Gefühl für die Umgebung, als wären wir dort.“ Sybille führt weiter aus: „Es war eine recht weite Strecke vom Haus zum heiligen Hain – das hilft einem, zu verstehen, welche Mühe es Joseph Smith kostete, einen abgelegenen Ort zum Beten zu finden.“
Die Pandemie gab den Anstoß dazu, virtuelle Führungen durch historische Stätten der Kirche anzubieten. Die Menschen in aller Welt gewöhnten sich zunehmend an Videokonferenzen, und so wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um aus den Führungen ganz besondere Erfahrungen zu machen. Die Gästeführer vor Ort gestalten den Ablauf so, dass jeweils mehrere Sätze auf einmal übersetzt werden können. Die verwendeten Handys, Kameras und digitalen Medien wurden auf den neuesten Stand gebracht, um die virtuellen Führungen zu verbessern. Außerdem wird den Teilnehmern zur individuellen Gestaltung des Rundgangs oft Zeit für Fragen eingeräumt.
„Uns wurde sofort klar, dass unsere Missionare Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Aufgabe brauchten“, so Brad Allen, Präsident der Gedenkstätte für das Mormonenbataillon. „Es war aufregend, zu erleben, wie sie Menschen in aller Welt die Geschichte des Mormonenbataillons und dessen Bedeutung für die Entwicklung der Kirche in den Vereinigten Staaten nahebrachten.“
Ab dem 14. März 2020 hab es an der Gedenkstätte für das Mormonenbataillon in San Diego keine Führungen vor Ort mehr. Im Laufe der darauffolgenden 14 Monate haben Missionare fast 3.800 virtuelle Führungen für insgesamt etwa 40.000 Gäste aus 70 Ländern in aller Welt, darunter 22 europäische Länder, durchgeführt.
„Viele Angehörige des Mormonenbataillons waren Heilige der Letzten Tage aus Europa“, erläutert Allen. „Sie waren Pioniere der Kirche – glaubenstreu und eifrig –, die für den Aufbau Zions Opfer brachten.“
Sybille möchte als Nächstes an einer virtuellen Führung durch das historische Nauvoo im Westen des US-Bundesstaates Illinois teilnehmen. Die Stadt Nauvoo wurde von Heiligen der Letzten Tage aus der Anfangszeit der Kirche am Ufer des Mississippi errichtet. Dort war von 1839 bis 1846 der Hauptsitz der Kirche.
Sister Marilyn Rizley dient zusammen mit ihrem Mann, Präsident Stephen Rizley, der die Gedenkstätte für das historische Nauvoo leitet. Sie findet, dass im letzten Jahr die Führungen vor Ort und die virtuellen Führungen gut das Schriftstudium der Mitglieder ergänzten, da diese sich jede Woche anhand des Lehrplans Komm und folge mir nach! mit dem Buch Lehre und Bündnisse und der Geschichte der Kirche in der Anfangszeit befassten.
„Wir genießen es, mit Mitgliedern aus aller Welt zusammenzukommen und ihnen nahezubringen, was sich hier in Nauvoo alles für die Geschichte der Kirche Bedeutsames zugetragen hat“, ergänzt Sister Rizley. „Diese Stätten wurden bewahrt und restauriert, damit sie den Glauben der Mitglieder stärken können. Es sind greifbare Zeugen für jene, die so viel für den Aufbau der Kirche geopfert haben. Wir alle können aus ihrem Heldenmut Kraft schöpfen und dann ebenfalls Schwieriges bewältigen.“
Sie gibt uns einige Tipps, wie man eine virtuelle Führung zur Geschichte der Kirche mit einem örtlichen Dolmetscher auf die Beine stellen kann. 1. Stellen Sie sicher, dass jemand teilnimmt, der Englisch spricht. 2. Informieren Sie die Missionare zu Beginn der virtuellen Führung über die Chatfunktion darüber, dass ein Dolmetscher gebraucht wird. Machen Sie den Betreffenden zum „co-host“, damit er das Mikrofon nutzen kann. 3. Überprüfen Sie, ob die Führung Ihrer Zeitzone entsprechend angesetzt wurde. In vielen Fällen können Führungen auch außerhalb der eigentlichen Öffnungszeiten für Besucher stattfinden, um den virtuellen Teilnehmern in aller Welt gerecht zu werden.
Präsident Allen versichert uns, dass die Teilnehmer einer virtuellen Führung davon ausgehen können, „dass ihre Liebe zum Evangelium und ihre Wertschätzung dafür, wie die Heiligen in der Anfangszeit für uns den Weg geebnet haben, wachsen werden“.
„Diese Führungen machen unsere Geschichte für neue wie langjährige Mitglieder der Kirche lebendiger und leichter nachvollziehbar“, bekräftigt Sybille. „Sie sind ein wunderbares Beispiel dafür, wie wir alle unseren Glauben aufbauen können.“
An den historischen Stätten werden auch dann weiterhin virtuelle Führungen für Einzelne, Familien und Gruppen angeboten, wenn die Führungen vor Ort wieder stattfinden können. Für die folgenden historischen Stätten können Führungen gebucht werden: Geburtshaus von Joseph Smith, Der heilige Hain, Hügel Cumorah, Druckerei, wo das Buch Mormon gedruckt wurde, Gedenkstätte für die Wiederherstellung des Priestertums, Farm der Familie Whitmer, Das historische Kirtland, Besucherzentrum in Independence, Gefängnis zu Liberty, Tabernakel in St. George, Gedenkstätte für das Mormonenbataillon in San Diego, Mormon-Trail-Besucherzentrum im historischen Winter Quarters. Auf der Website der Kirche gibt es jetzt einen Bereich, wo man jede dieser Führungen buchen kann: https://www.churchofjesuschrist.org/learn/historic-sites/virtual-tours-by-location?lang=eng