Wenn die Bank, das Lebensmittelgeschäft und die Schule in Longyearbyen die nördlichsten der Welt sind, wie man bei Wikipedia nachlesen kann, dann ist dort wohl auch die nördlichste Seminarklasse. Das ist der Familie Gerez zu verdanken. Longyearbyen liegt zwischen dem Nördlichen Polarkreis und dem Nordpol und ist mit ungefähr 2000 Einwohnern der größte Ort auf der norwegischen Inselgruppe Svalbard. Der Ort liegt auf der Hauptinsel von Svalbard, Spitzbergen; mit dem Flugzeug braucht man dorthin 90 Minuten von Tromsø im Norden Norwegens. Carlos und Emilia Gerez und ihre drei Kinder – Gabriel, Daniela und Helene – sind von Chile nach Norwegen gezogen. In Chile war Familie Gerez von Mitgliedern der Kirche eingeladen worden, die ihnen vom Evangelium erzählten und sie mit den Missionaren bekannt machten. Im März 2002 ließen Eltern und Kinder sich taufen. Bruder Gerez hatte in Chile Schwierigkeiten, als Koch für den Lebensunterhalt seiner Familie zu sorgen, also nahm er eine Stelle auf den Osterinseln an. Dort, so erklärte er den Church News in einem Telefoninterview, habe er sich mit einer norwegischen Familie angefreundet, deren Boot eine Panne hatte. Da er und auch diese Familie Englisch sprachen, konnte er für sie übersetzen, und er half ihnen auch, das Boot zu reparieren. Aus Dankbarkeit luden sie ihn nach Norwegen ein. 2006 kam er dieser Einladung schließlich nach. Er blieb sechs Monate lang bei der Familie in Trondheim und wartete auf seine Arbeitsgenehmigung. Während dieser Wartezeit nahm er im dortigen Zweig aktiv am Kirchenleben teil und begleitete auch oft die Vollzeitmissionare. Zwischenzeitlich erfuhr er, dass Svalbard zwar norwegisches Hoheitsgebiet ist, aufgrund eines internationalen Abkommens jedoch Bürgern aus allen Ländern offensteht. Er bewarb sich bei einem Restaurant als Koch und bekam die Stelle. Ihm gefiel die Arbeit, aber im Frühsommer 2007 fand er eine noch bessere Stelle als Koch und stellvertretender Leiter der Fleisch- und Fischabteilung im einzigen Supermarkt Longyearbyens. Der Ort liegt in einem Steinkohleabbaugebiet, wo auch wissenschaftliche Forschungsexpeditionen durchgeführt werden. Außerdem ist er ein beliebtes Ziel für Touristen. Bruder Gerez berichtet, dass die Einwohner aus aller Welt stammen. Das Feinkostrestaurant im Lebensmittelgeschäft, in dem er als Koch arbeitet, ist bei den Einheimischen sehr beliebt und er selbst ist dafür bekannt, dass er sehr kontaktfreudig, optimistisch und fröhlich ist. Zwar sprechen die Einwohner die unterschiedlichsten Muttersprachen – so wie er Spanisch – aber sie können sich alle untereinander auf Englisch verständigen. Bruder Gerez erzählt, dass die Menschen in der Stadt oft Fragen über die Kirche stellen. Er hofft, dass irgendwann Vollzeitmissionare nach Spitzbergen geschickt werden. Kurz nachdem er die Arbeitsstelle gewechselt hatte, kam seine Familie endlich nach. Er sagt, dass die Zeit, in der sie voneinander getrennt waren, sehr schwierig für ihn gewesen sei. Doch habe er an seinem Glauben festgehalten und von den zuständigen Priestertumsführern die Erlaubnis bekommen, sich selbst das Abendmahl zu segnen und zu reichen. Es war natürlich noch viel schöner, berichtet er, als die Familie wieder vereint war und sie mit der Genehmigung des Präsidenten der Norwegen-Mission Oslo, Lynn J. Poulsen, zu Hause Abendmahlsversammlungen abhalten durften. Das einzige weitere Mitglied der Kirche in Longyearbyen ist Keith Larsen, ein zurückgekehrter Missionar aus Idaho. Er macht Hundeschlittenfahrten für Touristen und schließt sich jeden Sonntag Familie Gerez an, wenn sie die Abendmahlsversammlung abhalten. Bruder Gerez erzählt auch, wie er mit seiner Familie im vergangenen Sommer eine Urlaubsreise machte, die ihnen wahrhaft ewige Freude brachte. Zuerst flogen sie nach Stockholm und sahen sich dort den Tempel an. Dann ging es in einem Mietwagen weiter nach Trondheim, wo sie von ihrem Zweigpräsidenten einen Tempelschein erhielten, und dann nach Oslo, um diesen von Präsident Poulsen unterschreiben zu lassen. Sie setzten die Reise nach Kopenhagen fort, wo sie im Juli die heiligen Handlungen des Tempels empfingen und sich als Familie siegeln ließen. „Es war die unvergesslichste Reise, die wir je unternommen haben“, erklärt Bruder Gerez. Was das Seminar betrifft: Am 22. August, als es draußen noch länger hell war, begannen Gabriel und Daniela ihr erstes Jahr mit Religionsunterricht. Sie werden zu Hause von ihrer Mutter unterrichtet, die früher als Grundschullehrerin gearbeitet hat. Sie treffen sich jeden Wochentag nach der Schule, auch jetzt, wo die Tage kürzer werden und schließlich der Winter anbricht, in dem es rund um die Uhr dunkel sein wird. Der Seminarunterricht ist auf Spanisch, denn sie sind erst seit einem Jahr an der norwegischen Schule in Svalbard und beherrschen die norwegische Sprache noch nicht fließend. Bruder Gerez erzählt, dass er und die jüngste Tochter, die zwölfjährige Helene, an den Seminarklassen teilnehmen. So verbringen sie als Familie jeden Abend von 18 bis 19 Uhr eine ganz besondere Zeit. Für Emilia ist es immer schön, wenn die Familie zusammenkommt. Sie freut sich, im diesjährigen Seminarkurs über das Neue Testament mehr über Jesus Christus zu erfahren. Daniela (16) liest und studiert gern die heiligen Schriften. Der Ferienjob, den sie in dem Lebensmittelgeschäft hatte, wo auch ihr Vater arbeitet, hat ihr großen Spaß gemacht. Die Schule falle ihr nicht schwer, sagt sie, doch auf Ausflügen müssen die Lehrer Gewehre mit sich tragen, da es in der Gegend gefährliche, hungrige Eisbären gebe. Die kalte, lange und dunkle Winterzeit gefalle ihr überhaupt nicht. Gabriel, ein sehr fleißiger Seminarschüler, wird bald 14. Er ist in den Naturwissenschaften sehr gut, liest und schwimmt gern und auch ihm gefällt der Ferienjob im Lebensmittelgeschäft. Bruder Gerez erklärt, die Familie werde voraussichtlich erst einmal in Longyearbyen bleiben. Von der Ausbildung her könne es für seine Kinder gar keinen besseren Ort geben, meint er. Die europäischen Schulen seien hervorragend und kostenlos. Er räumt ein, dass die eisigen Temperaturen und das arktische Klima Herausforderungen darstellen. Die Familie hat zu Hause besondere Lampen, die Sonnenlicht simulieren, damit im langen, kalten Winter alle genug Vitamin D bekommen. Sie müssen auch Vitaminpräparate einnehmen und ein gesundes Leben führen. Im öffentlichen Schwimmbad und in einem Fitnessstudio treiben sie regelmäßig Sport. Insgesamt, sagt er, seien die Lebensumstände keineswegs schlecht. Er verdiene gut und sie hätten Kabelfernsehen, Handys und einen Internetzugang – ein besonderer Segen, denn so können sie auf der Internetseite der Kirche die Übertragung der Generalkonferenz anhören. Als i-Tüpfelchen haben sie sich mit anderen Familien angefreundet und laden ihre Freunde oft zu sich nach Hause ein.
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