Sicherlich, so der Apostel, müssten religiöse Aktivitäten behutsam zurückgefahren werden, wenn es notwendig sei. Die Sicherheit des Einzelnen sei immer ein Kernanliegen. Vor den etwa 500 Führern aus Religion und Politik, die aus aller Welt zum siebten interreligiösen Forum der G20-Staaten virtuell zusammengekommen waren, betonte er jedoch: „Wie gut weltliche Entscheidungsträger Religion und religiöse Menschen verstehen, hat großen Einfluss darauf, wie sie religiöse Einrichtungen und Gläubige in einer Krisenzeit behandeln. Je mehr Respekt vorhanden ist und je tiefer das Verständnis reicht, desto gerechter und wirksamer können die politischen Maßnahmen sein.“
Dies ist eine wichtige Botschaft für das interreligiöse G20-Forum, da die Organisation das Ziel verfolgt, durch die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Führern aus Religion und Politik Lösungen für weltweite Probleme auszuarbeiten. Die Empfehlungen aus der fünftägigen Tagung werden im November beim G20-Gipfel vorgelegt, bei dem dieses Jahr das Königreich Saudi-Arabien den Vorsitz führt. Der G20-Gipfel bringt die Häupter der führenden Wirtschaftsmächte der Welt an einen Tisch. Er ist das wichtigste Forum für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Was also sollten Regierungsvertreter über die Rolle der Religion in der Gesellschaft und auch im Leben eines jeden Gläubigen wissen? Glaubensgemeinschaften hülfen Milliarden Menschen, einen Sinn und Zweck zu finden, so Elder Bednar. Sie vermittelten „der nächsten Generation sittliche und soziale Wahrheiten“. Dies, so fügte er hinzu, seien unbedingt notwendige Funktionen.
Aus diesem Grund, so Elder Bednar, sei die Religionsfreiheit im Völkerrecht als „unveräußerliches“ Recht anerkannt (siehe zum Beispiel Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die Charta der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit). „Unveräußerlich“ bedeutet, dass die Religionsfreiheit unantastbar ist – selbst im Notfall.
Ein korrektes Verständnis von religiösen Gruppen und Achtung vor ihnen könne der gesamten Gesellschaft wichtige Vorteile verschaffen, so Elder Bednar. Dieser Ansatz könne Vertrauen fördern und die enormen Ressourcen erschließen, über die Religionsgemeinschaften verfügen, einschließlich ihres sozialen Werts.
„Viele religiöse Führer haben ihre Mitglieder bereits dazu aufgerufen, aus reiner Nächstenliebe und Rücksicht auf die Sicherheit anderer große Opfer zu bringen“, ergänzte Elder Bednar in der Plenarsitzung, in der auch Vertreter des katholischen, jüdischen und muslimischen Glaubens sprachen. „Wenn man diese Opfer anerkennt und würdigt und sich um mehr Zusammenarbeit und Entgegenkommen bemüht, kommt man voran.“
Es sei an dieser Stelle aber auch auf einige Beispiele für erfolgreiche Hilfe während der Pandemie hingewiesen, die Elder Bednar nicht erwähnt hat. Mitglieder der Kirche haben fünf Millionen Schutzmasken für Mitarbeiter im Gesundheitswesen in Utah hergestellt, die unmittelbar mit Erkrankten zu tun hatten. Die Latter-day Saint Charities halfen bei der Finanzierung der weltweiten Verteilung lebenswichtiger Vorräte durch das World Food Programme. In vielen weiteren Fällen haben Mitglieder der Kirche – unter anderem in Finnland, Hongkong und den Philippinen – während der Pandemie ihre Mitmenschen und Nachbarn unterstützt.
Elder Bednar führte weiter aus, religiöse Gruppen könnten auch mithelfen, Falschmeldungen zu unterbinden, indem sie Gerüchte widerlegten, Ängste abbauten und die Weitergabe korrekter Informationen erleichterten.
„Die Würde religiöser Menschen zu achten zahlt sich in bedeutsamer Weise aus“, so Elder Bednar. „Aber diese großen Chancen und Vorteile können nur dann genutzt werden, wenn Regierungsvertreter verstehen, dass Religion für das Selbstverständnis und Leben der Gläubigen und deren Glaubensgemeinschaften unverzichtbar ist.“
Er schloss mit den Worten: „Ich hoffe und bete, dass die Regierungsvertreter und religiösen Führer gemeinsam der COVID-19-Pandemie so begegnen, dass sowohl die körperliche als auch die geistige Gesundheit geschützt werden.“
Elder Bednar ist der dritte Apostel und vierte Führer der Kirche, der am interreligiösen G20-Forum teilgenommen hat. Elder D. Todd Christofferson und Sharon Eubank, Direktorin der Latter-day Saint Charities, waren beim Forum 2018 in Argentinien als Sprecher geladen, und beim Forum 2019 in Japan war neben Direktorin Eubank Elder Gerrit W. Gong zu Gast.