Nach vielen Jahren im Rampenlicht wird der Mikrofilm langsam
ausgemustert. Seit 1938 nutzt die Kirche Mikrofilm zur
Vervielfältigung personenstandlicher Unterlagen. Jetzt steht das
langlebige Medium kurz vor der Ausmusterung. Zusammen mit dem
Mikrofilm werden auch die klobigen Kameras und die dazugehörigen
Filmschachteln aussortiert, die bisher in Holzkisten in die Welt
hinausgesandt wurden, wo man sie auspackte, testete, Aufnahmen
machte, diese entwickelte, begutachtete und dann die Aufnahmen
eventuell wiederholen musste. Digitalkameras, die beinahe in die
Hosentasche eines Kameramanns passen, finden immer mehr ihren Platz
auf den Stativen der Kirche. Mit ihnen kann man Aufnahmen sofort
begutachten und diese sogleich auf der herausnehmbaren Festplatte
eines Computers speichern. Erneute Aufnahmen gehören somit
größtenteils der Vergangenheit an. "Immer mehr Archivare erkennen,
wozu es gut ist, elektronischen Zugang zu Dokumenten anzubieten",
sagt Wayne J. Metcalfe, der Einkaufsleiter des Family and Church
History Departments. Laut seiner Aussage sind derzeit etwa 65
Digitalkameras im Einsatz. Das macht ein Drittel der Gesamtzahl der
Kameras aus. In drei bis fünf Jahren wird die Mikrofilmkamera
nahezu verschwunden sein. Die Mikrofilmbestände, die im Moment noch
massenweise die Schubladen im Genealogie-Archiv füllen, werden
natürlich noch viele Jahre lang weiterhin in Lesegeräte geschoben
und von Ahnenforschern akribisch durchgesehen, ehe auch sie durch
elektronische Medien ersetzt werden.
"Wir sind fest entschlossen, so viel wie möglich zu
automatisieren", so Bruder Metcalfe. Die Kameraleute stellen sich
schnell auf die neuen Gegebenheiten ein. "Wir sind davon
ausgegangen, dass unsere Kameraleute durch die Umstellung auf die
neue Technik viel dazulernen", erzählt Bruder Metcalfe. "Wer sich
mit Computern auskennt, ist innerhalb weniger Wochen auf dem
neuesten Stand." Er berichtet von einem Kameramann, der zuvor mit
dem Film etwas zu behutsam umgegangen war, mit der Digitalkamera
nun aber mehr Bilder schießt als früher mit Film. "Unsere
Kameraleute lernen immer wieder etwas Neues", so Bruder Metcalfe
weiter. "Wir verwenden Software, die wir selbst entwickelt haben,
und wir arbeiten schon an einer neuen Version, die es uns
erleichtern wird, Archiven besseren Service zu bieten."
Mit einer Digitalkamera aufgenommene Dokumente kann man ins
Internet stellen, bei einem Interessierten zu Hause herunterladen
und dann bis aufs kleinste Detail durchsehen. "Allein die Fähigkeit
des Computers ermöglicht uns vielerlei, was man mit Mikrofilm
allein nicht bewerkstelligen kann", schwärmt Bruder Metcalfe.
Digitale Aufzeichnungen können mit einem Wasserzeichen versehen
werden, an dem der Nutzer erkennt, dass es sich nicht um ein
Original handelt. Die Nutzer müssen sich mit den Bedingungen für
die Nutzung der Aufzeichnungen einverstanden erklären. Technische
Angaben werden bei einer digitalen Aufnahme automatisch
mitgespeichert, was einen menschlichen Handgriff weniger notwendig
macht und damit die Möglichkeit menschlichen Versagens ausschließt.
Im Moment werden die Aufnahmen zunächst zusammengetragen und dann
archiviert, in der Zukunft können sie aber vielleicht rasch online
zugänglich gemacht werden. Die Hoffnungen für die Zukunft drehen
sich auch darum, die größte Schwachstelle digitaler Aufnahmen zu
beseitigen, nämlich dass sie nicht dauerhaft gespeichert werden
können. Gegenwärtig müssen Digitalaufnahmen alle fünf bis sieben
Jahre in ein anderes Format kopiert werden, damit ihr Fortbestand
gewährleistet ist. Außerdem sind Digitalgeräte auch nicht so
langlebig wie Filmkameras. "Die dauerhafte Sicherung digitaler
Daten ist nach wie vor ein Problem. Aber wir sind zuversichtlich,
dass in den nächsten drei bis fünf Jahren eine langfristige Lösung
gefunden wird." Bruder Metcalfe sagt, die Umstellung auf die
Digitalarchivierung habe der Kirche geholfen, sich im Archivwesen
als Marktführerin zu behaupten. Viele Archive orientieren sich an
der Kirche, wenn es darum geht, in Zukunft digital Zugriff auf
Daten anzubieten. So manches Archiv traue der Kirche, was die
digitale Aufbereitung betrifft, weil es der Kirche an sich traue,
erklärt er weiter. "Unsere Partner waren in fachlicher Hinsicht
zunächst sehr unsicher, aber nachdem wir ein Vertrauensverhältnis
aufgebaut hatten, sagten sie in etwa: 'Wir wissen, dass wir Ihnen
vertrauen können, also packen wir die Sache mit Ihnen gemeinsam
an.'" Jede Aufnahme hat eine Größe von 1 bis 10 Megabyte. Sobald
sie ins Internet gestellt wird, wird sie aber auf 200 Kilobyte
komprimiert. Auch für die Archivierung werden die Aufnahmen
komprimiert -- sie werden aus dem TIFF-Format in das verlustfreie
Format JPEG 2000 übertragen. Pro Kamera werden jede Woche etwa
fünf- bis zehntausend Aufnahmen angefertigt. Die Daten werden dann
auf tragbaren Speichermedien an die Hauptverwaltung gesandt. Die
Speichergeräte können immer wieder erneut verwendet werden, wodurch
weitere Kosten gespart werden.
"So ist es leichter, Fehler telefonisch zu beheben", sagt Henry
Hanft vom Technischen Support. Aufnahmen, mit denen es ein Problem
gibt, können per E-Mail hin und her geschickt werden. Bruder
Metcalfe machte auch deutlich, dass die Kopien nicht -- wie beim
Film -- an Qualität verlieren.
Seit 67 Jahren werden nun Unterlagen verfilmt; die Aufzeichnungen
einiger Länder sind nach Aussage von Bruder Metcalfe inzwischen
fast alle schon vervielfältigt. "Das gilt für Skandinavien, die
Niederlande und sogar für England -- es bricht eine Zeit heran, in
der wir langsam innehalten und erkennen, dass das Ende der
Fahnenstange erreicht ist." Die nächste Generation wird
wahrscheinlich mit keinerlei Kamera mehr Dokumente ablichten
müssen, vermutet er. Statt an einer sperrigen Kamera, die über
staubigen, porösen und vergilbten Seiten auf einem schweren Stativ
montiert ist, den Auslöser zu betätigen und dabei zu hoffen, dass
Belichtung und Schärfe richtig eingestellt sind, wird man dann am
Aufblinken einiger Lichter erkennen, dass ein rascher
elektronischer Datenaustausch stattfindet.
Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.