Candace Richins spielte gerade im ersten Jahr an der Utah State University in der Volleyball-Damenmannschaft, als Thomas S. Monson, der Präsident der Kirche, bekanntgab: Frauen können nun mit 19 auf Mission gehen, Männer mit 18. Candace Richins freute sich schon, früher auf Mission gehen zu können, aber da sie 2013 vielleicht zur Startaufstellung der Mannschaft gehören würde, machte sie sich Sorgen: Sowohl ihr Stipendium als auch ihr Platz in der Mannschaft waren ihr nicht sicher, wenn sie ging.
- Missionare in einem Klassenraum in der Missionarsschule im englischen Preston.
- In Europa befinden sich zwei Missionarsschulen, eine in Madrid, die andere im englischen Preston.
- MTC Provo
- Zwei Missionare führen ein Glaubensgespräch mit einem jungen Mann.
- Missionarinnen bei ihrer Vorbereitung in der Missionsschule in Provo. In den Wochen nach Bekanntgabe der neuen Altersgrenze für Missionare vom 6. Oktober 2012 berichtete die Kirche von einem drastischen Anstieg der Anzahl der eingereichten Missionspapiere (von 700 pro Woche auf 4.000). Dabei stammten mehr als die Hälfte von Frauen.
- Sister Coleman und Sister Sessions besuchen die Missionarsschule im englischen Preston.
- Missionare Afrika Elders
- Missionare in Afrika
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Als sie ein paar Tage später in der Nähe des Universitätsgeländes im Religionsunterricht saß, wusste sie, was zu tun war. "Ich hatte das starke Gefühl, dass ich auf Mission gehen soll, und zwar gleich", sagt Candace Richins, die im März ihre Mission in Stockholm antreten wird. "Also entschloss ich mich, auf der Stelle und ohne Rücksicht auf Verluste zu gehen. Ich wollte einfach los und dem Herrn dienen. Es war wirklich eine schwere Entscheidung, weil sie ja nicht nur mich betraf, sondern auch meinen Trainer, meine Mannschaft und die ganze Uni. […] Aber gleichzeitig wusste ich auch, dass ich das Richtige tat und dass es für alle ein Segen wäre."
Die Entscheidung, wie Candace Richins alles hinter sich zu lassen, ist nicht einfach für die jungen Männer und Frauen in der Kirche. Trotzdem bleibt die Resonanz auf die Ankündigung vom 6. Oktober überwältigend. Nie zuvor haben so viele junge Leute ihre Missionspapiere eingereicht.
"Ich habe noch nie erlebt, dass etwas bei jungen Leuten eine solche Wirkung gezeigt hat wie die Ankündigung von Präsident Monson am Samstagmorgen der Generalkonferenz", meint Elder David F. Evans, Direktor der Missionsabteilung und Siebziger. "Wie man sieht, nimmt diese Generation die Aufforderung des Herrn und seines Propheten, sich aufzumachen und hinauszugehen und seinen Mitmenschen zu helfen und das Evangelium zu verkündigen, auf geradezu überwältigende Weise an."
In den Wochen nach Bekanntgabe der neuen Altersgrenze für Missionare berichtete die Kirche von einem drastischen Anstieg der Anzahl der eingereichten Missionspapiere (von 700 pro Woche auf 4.000). Dabei stammten mehr als die Hälfte von Frauen. Die Anzahl der Papiere sei seit der Ankündigung immer noch doppelt so groß wie früher. Dabei sei aber die Gesamtzahl der Männer und Frauen, die sich seit Oktober beworben haben, in etwa gleich groß. Vor der Ankündigung waren etwa 15 Prozent der Missionare junge Frauen.
Was unternimmt die Kirche, um mehr Missionare unterzubringen?
Die Kirche unterhält weltweit 347 Missionen mit durchschnittlich etwa 170 Missionaren. Um den neuen Zustrom von Missionaren unterbringen zu können, wird die Anzahl der Missionare in vielen Missionen auf 250 erhöht. Wird diese Zahl überschritten, werden voraussichtlich je nach Bedarf neue Missionen gegründet.
Bei einer Ansprache in der Missionarsschule in Provo am 1. Weihnachtstag widersprach Elder Russell M. Nelson vom Kollegium der Zwölf Apostel falschen Gerüchten, dass Missionen in Gebieten eröffnet werden sollen, die bislang nicht für die Missionsarbeit freigegeben worden sind. "Diese Gerüchte sind völlig falsch. Treten Sie ihnen entgegen!", sagte Elder Nelson. "Die führenden Amtsträger der Kirche betreten Länder, wo die Kirche neu ist, durch die Vordertür. Wir kommen nicht durch die Hintertür oder über Schleichwege. Unsere Beziehungen gründen auf Ehrlichkeit, Offenheit und Redlichkeit und stehen im Einklang mit den jeweiligen Landesgesetzen."
Die Missionspräsidenten bereiten sich auf die wachsenden Zahlen vor, indem sie die Missionare schulen, die bereits bei ihnen sind, damit diese wiederum die neuen Missionare schulen können. Außerdem machen sie sich Gedanken, wie sie die Missionare innerhalb der Mission am besten einsetzen können. Elder Evans zufolge erweitere sich der Aufgabenbereich der jeweiligen Missionspräsidenten zwar, dies sei aber zu bewältigen.
"In der Geschichte der Kirche in unserer Zeit hat es schon in etlichen Gegenden Missionen mit 220 bis 250 Missionaren gegeben", sagt er.
Da die Kirche in den vergangenen Jahren einigen Missionaren in 48 Ländern bereits genehmigt hat, mit 18 auf Mission zu gehen, wird der größte Zustrom von Missionaren nach der Ankündigung im Oktober aus Ländern wie Großbritannien, USA, Kanada und Japan kommen, wo die niedrigere Altersgrenze bislang nicht bestand.
Auch in den 15 Missionarsschulen der Kirche wird es entsprechende Änderungen geben. Die Aufenthaltsdauer sowohl für Missionare, die die Landessprache bereits sprechen, als auch für solche, die eine fremde Sprache erlernen, wird um ein Drittel der Zeit gekürzt – Missionare, die keine neue Sprache lernen, werden nur noch zwei statt drei Wochen in der Missionarsschule bleiben; der Aufenthalt für diejenigen, die eine neue Sprache erlernen, wird um zwei Wochen gekürzt.
Zwei neuere Entwicklungen haben die verkürzte Zeit in der Missionarsschule möglich gemacht. Zum einen hat die Kirche vor einem Jahr – bevor irgendjemand von der Ankündigung zur Altersgrenze wusste – ein Schulungprogramm für Missionare eingeführt, bei dem vieles aus der Missionarsschule in den ersten zwölf Wochen ihrer Tätigkeit wiederholt und vertieft wird. Außerdem wurde einige Monate vor der Ankündigung eine Studie durchgeführt, aus der hervorging, dass ein Missionar eine Fremdsprache besser erlernt, wenn er früher in seinem Einsatzgebiet ist. Diese beiden Änderungen wären auch ohne die Ankündigung zur Altersgrenze eingetreten.
Um mehr Missionare aufnehmen zu können, nutzen die Missionarsschulen jeden freien Raum. Unter anderem werden in jedem Zimmer mehr Etagenbetten aufgestellt. Beispielsweise wird die größte Missionarsschule, nämlich diejenige in Provo, die Anzahl der Plätze innerhalb kürzester Zeit von 3.000 auf 4.800 erhöhen. Auch langfristig wird geplant. Obwohl die führenden Amtsträger der Kirche Mitte Oktober beschlossen haben, kein neunstöckiges Gebäude bauen zu lassen, wie es für die Missionarsschule in Provo vorgesehen war, sind immer noch Pläne in Arbeit, die Aufnahmefähigkeit der Schule langfristig zu erhöhen.
"Es hat sich als positiv herausgestellt, dass wir die Gebäude, die dem neunstöckigen Bau hätten weichen müssen, noch nicht abgerissen haben", so Elder Evans, "weil alles, was geplant war, die Aufnahmefähigkeit kurzfristig verringert hätte."
Zwar müssen nun weitaus mehr Missionare gleichzeitig mit den gleichen Einrichtungen der Missionarsschule auskommen, doch Stephen B. Allen, geschäftsführender Direktor der Missionsabteilung, ist überzeugt, dass es allen Missionaren dort mindestens genauso gut, wenn nicht besser gehen wird.
"Wir möchten sicherstellen, dass die Missionarsschule für jeden Missionar eine tolles Erlebnis wird", so Allen, "und kein verwässerter Aufguss, der einen billigen Eindruck macht. Diese Missionare, die ja erst lernen, ein Missionar zu sein, werden eine großartige geistige Lernerfahrung machen. Sie werden Offenbarungen empfangen."
Universitäten reagieren mit flexiblen Einschreibungsverfahren
Die Ankündigung zur Altersgrenze für Missionare hat sich auch ganz erheblich auf die Einschreibungen an den Universitäten in Utah und andernorts ausgewirkt.
Laut Elder Evans ist die Kirche sehr dankbar, dass man sich in den Universitätsverwaltungen bemüht, junge Männer und Frauen aufzunehmen, die auf Mission gehen wollen. Beispielsweise hat die University of Utah Ende November ein neue Richtlinie angekündigt, die es Studenten ermöglichen soll, den Beginn ihres Studiums bis zu sieben Semester zu verschieben. Außerdem hat die Utah State University im Oktober einen Ausschuss ins Leben gerufen, der jetzt Pläne ausarbeitet, wie sich die Universität besser auf die Missionare einstellen kann.
"Es ist wunderbar, wie uns die Universitäten entgegengekommen sind", meint Elder Evans lobend. "Wir sind sehr dankbar, dass man bereit ist, die Vorstellungen der Kirche zu berücksichtigen und die jungen Mitglieder zuzulassen – in der Hoffnung, dass sie nach ihrer Mission an diese Uni zurückkehren. Wir möchten keinesfalls versäumen, jeder Universität, die sich so engagiert, unsere Anerkennung auszusprechen."
Candace Richins ist überzeugt, dass ihre Mission ihr helfen wird, nach der Rückkehr eine bessere Studentin zu sein.
"Ich hoffe, dass ich nach meiner Rückkehr eine andere bin – dass ich mich geändert habe", sagt sie. "Ich werde härter arbeiten, eine fleißigere Studentin sein, meine Talente besser entfalten und mich hoffentlich einfach selbst weiterentwickeln."
Miranda Rechis, die die Herabsetzung der Altersgrenze ebenfalls genutzt hat und bald in Osorno in Chile eine Mission erfüllen wird, stimmt dem zu. Sie sagt, die Mission werde ihr helfen, "erwachsen zu werden und das College ernst zu nehmen", wenn die Mission zu Ende ist.
Mehr Möglichkeiten, auf Mission zu gehen
Es ist kein Geheimnis, dass seit dem 6. Oktober viel mehr junge Frauen ihre Missionspapiere eingereicht haben. Die Führer der Kirche sind für diese Bereitschaft sehr dankbar. In einer Pressekonferenz nach der Ankündigung sagte Jeffrey R. Holland, ein Apostel der Kirche, er sei "hocherfreut, wenn diese Änderung der Bestimmungen es sehr viel mehr jungen Frauen ermöglicht, auf Mission zu gehen". Und er setzte hinzu: "Missionarinnen haben immer überraschend großen Erfolg."
Die Führer der Kirche sind generell begeistert, dass mehr junge Mitglieder – sowohl Männer als auch Frauen – auf Mission gehen können.
"Diese Aufforderung des Herrn ergeht voller Liebe an diese ganze Generation", sagt Elder Evans. "Dem möchte ich noch hinzufügen, was deutlich in den Schriften steht und auch von der Ersten Präsidentschaft und den Zwölf immer ganz klar gesagt wird: Wir alle sind vor Gott gleich."