Karl-Heinz Schnibbe, der letzte Überlebende der
Helmuth-Hübener-Gruppe, starb am vergangenen Sonntag im Alter von
86 Jahren. Foto: Ethan Vincent
Karl-Heinz Schnibbe, der letzte Überlebende der Widerstandsgruppe
um den Hamburger Jugendlichen Helmuth Hübener, ist am vergangenen
Sonntagabend im Alter von 86 Jahren in den USA verstorben.
Elisabeth Pietsch - gemeinsam mit ihrem Gatten Alfred
Öffentlichkeitsbeauftragte der Kirche in Österreich - berichtet von
ihrem persönlichen Zusammentreffen mit Karl-Heinz Schnibbe in Salt
Lake City: „Während der Olympischen Winterspiele 2002 in Salt Lake
City, hatte ich Gelegenheit zu einem langen Gespräch mit Karl-Heinz
Schnibbe. Damals wurde vom ORF ein kurzer Beitrag über den
Widerstandskämpfer produziert. Karl-Heinz lebte in Bescheidenheit
in einem einfachen Haus in Salt Lake City. Ich war beeindruckt von
seinem fest verwurzelten Glauben an Christus und von der Klarheit,
wie er mit seinen Worten und mit seinem Leben mutig gegen Rassismus
Stellung bezog. Am 5.Mai 2010 fand eine bewegende
Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Österreichischen
Parlament statt. Auch österreichische Jugendliche waren anwesend.
Sie waren im gleichen Alter wie damals die Gruppe um Helmuth
Hübener.“ Staatssekretär a.D. Frerich Görts, Sprecher der Kirche
Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Deutschland, würdigt
Schnibbe: "Die Nachricht vom Tod Karl-Heinz Schnibbes hat die
Mitglieder seiner Kirche in Deutschland bewegt. Karl-Heinz Schnibbe
war wie die jugendlichen Freunde aus seiner Kirchengemeinde um
Helmuth Hübener ein aufrechter Charakter. Es war nicht das
kirchliche Umfeld, das ihn zu seinem mutigen Widerstand brachte,
sondern seine innere moralische Haltung, die zutiefst von seinem
persönlichen Glauben beeinflusst war. Mit Karl-Heinz Schnibbe geht
ein Kämpfer für Wahrheit und die Achtung vor dem Mitmenschen
verloren." Schnibbe wurde am 5. Januar 1924 in Hamburg geboren.
Wegen Befehlsverweigerung wurde er aus der Hitlerjugend
ausgeschlossen und half Helmuth Hübener, der wie er der Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage angehörte, dessen Flugblätter
gegen das nationalsozialistische Regime zu verteilen. Die zuletzt
vierköpfige jugendliche Widerstandsgruppe wurde gefasst und vom
Volksgerichtshof in Berlin am 11. August 1942 verurteilt. Das
einzige Todesurteil traf Helmuth Hübener, den Verfasser der
Flugschriften und führenden Kopf der Gruppe. Noch als 17-Jähriger
wurde dieser in Berlin-Plötzensee enthauptet und wurde so zum
jüngsten zum Tode verurteilten und hingerichteten
Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Schnibbe selbst
wurde zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, allerdings bereits im
April 1945 aus der Haft zur Wehrmacht überstellt und geriet in
amerikanische und russische Kriegsgefangenschaft. 1952 wanderte er
nach Salt Lake City aus, dem Hauptsitz seiner Glaubensgemeinschaft,
und übte dort seinen ursprünglich erlernten Beruf als Maler und
Tapezierer aus. Seine Lebenserinnerungen veröffentlichte er 1991 im
Buch "Jugendliche gegen Hitler. Die Helmuth-Hübener-Gruppe in
Hamburg 1941/42". Zuletzt hatte Schnibbe im Jahr 2006 Deutschland
besucht und am 64. Jahrestag der Hinrichtung seines Freundes
Helmuth auf Einladung des Berliner Dialogforums der Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage in der Gedenkstätte
Plötzensee einen Kranz niedergelegt. Während seines Besuchs hatte
er auch vor über 200 - zumeist jungen - Gläubigen einen Vortrag
gehalten und diese ermutigt, unter allen Umständen für ihre
Überzeugung einzutreten.
Schnibbe hinterlässt seine Frau Joan und seine Kinder Tracy und
Eric.
Günter Grass nahm die Geschichte der Helmuth-Hübener-Gruppe als
Basis für seinen 1969 erschienenen Roman "Örtlich betäubt". Derzeit
werden die Ereignisse um die Gruppe verfilmt. Die Rolle Hübeners
wird vom aus dem Film "Forrest Gump" bekannten amerikanischen
Schauspieler Haley Joel Osment gespielt. In Hamburg sind ein
Jugendhaus und ein Weg nach Hübener benannt.
Literaturhinweise:
Karl-Heinz Schnibbe, Jugendliche gegen Hitler. Die
Helmuth-Hübener-Gruppe in Hamburg 1941/42, Berg am See 1991.
Ulrich Sander, Jugendwiderstand im Krieg. Die
Helmuth-Hübener-Gruppe 1942/1942, Bonn 2002.
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